Zum Tod von Oberst Jürgen Rogalla

Mit Bestürzung haben wir die Nachricht erhalten, das unser langjähriger Freund und Genosse – Oberst Jürgen Rogalla – nur wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag von uns gegangen ist.

Der promovierte Jurist und hochangesehene Offizier der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit konnte auf ein bewegtes Leben zurückblicken.

Der unerschütterbare Glaube an den Sieg des Sozialismus und die unermüdliche Verteidigung seiner Errungenschaften, führte den gelernten Kaufmann früh zum MfS. Sein Wunsch nach einer gerechten und friedlichen Weltordnung ebnete den Weg zur HVA.

Nach erfolgreichem Jurastudium folgte 1959 der erste Auslandseinsatz.

In einer Zeit, in der der Imperialismus immer deutlicher seine hässliche Fratze zeigte und nationale Befreiungsbewegungen weltweit ihr postkoloniales Erbe abschüttelten, kam der junge Jürgen Rogalla als Offizier im besonderen Einsatz auf den afrikanischen Kontinent.

Genauer gesagt in das gerade erst unabhängig gewordene Ghana. Dort leitete er unter dem Decknamen Jürgen Krüger eine Beratergruppe, die Präsident Kwame Nkrumah – charismatischer Volksführer und erster demokratisch gewählter Präsident Ghanas – bei der Ausgestaltung des Sozialismus in seinem Land tatkräftig unterstützte.

Kwame Nkrumah (r.), erster frei gewählter Präsident Ghanas,
mit Ernesto „Che“ Guevara

Wie so oft in der damaligen Welt – gerade im Brennpunkt Afrika – folgte auf die Revolution die Konterrevolution. In aller Regel unterstützt und finanziert von westlichen Imperialisten, die ihre blutigen Hände nicht von den afrikanischen Rohstoffen vertreiben lassen wollten.

Im Falle Ghanas war es das National Liberation Council, kurz NLC, das mit tatkräftiger Unterstützung der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien das Rad zurückdrehte und Präsident Nkrumah ins Exil trieb. Jürgen Rogalla blieb im Land, wurde inhaftiert und schwer gefoltert.

Aufforderungen westlicher Dienste zum Seitenwechsel lehnte er trotz der Tortur vehement ab. Eine Haltung, die den Oberst der Staatssicherheit bis zuletzt auszeichnete und der von Freund und Feind Anerkennung und Achtung gezollt wurde.

Im Rahmen eines Gefangenenaustauschs kam Jürgen Rogalla 1967 schließlich doch zurück in die DDR. Gezeichnet aber ungebrochen.

In Berlin wurde er zuerst zum stellvertretenden Leiter der Abteilung III und, nach abgeschlossener Promotion zum Dr. jur. an der juristischen Hochschule des MfS Potsdam-Eiche, zum Leiter der Abteilung XI (Nordamerika und amerikanische Einrichtungen in der BRD) ernannt.

Diese Schlüsselposition führte nach dem Ende der DDR zu regem Interesse an seiner Person. So lockten zahlreiche westliche Geheimdienste, allen voran die CIA, mit hochdotierten Angeboten zum Geheimnisverrat. Vergeblich!

Der erfahrene Offizier blieb standhaft und sich und seinen Idealen, die ihn als jungen Mann zum MfS führten, bis zuletzt treu. So gehörte er – ebenso wie unser Vorsitzende Genosse Koth – zu den wenigen Getreuen, die ihrem ehemals obersten Dienstherren, Erich Mielke, im BRD-Kerker besuchten um Trost und Zuspruch zu geben. Als Randnotiz sei erwähnt, das sich Jürgen Rogalla zu den wenigen ausgewählten Duz-Freunden des Ministers für Staatssicherheit zählen durfte.

Jürgen Rogalla war Zeit seines Lebens leidenschaftlicher Antiimperialist und hegte einen tiefe Freundschaft zu den fortschrittlichen Völkern der Erde. Besonders verbunden fühlte er sich mit der Demokratischen Volksrepublik Korea, KDVR wie es seinerzeit hieß. Stets verteidigte er die koreanische Revolution und bewunderte den Mut und die Beharrlichkeit des koreanischen Volkes, das sich seit mehr als einem halben Jahrhundert erfolgreich gegen einen scheinbar übermächtigen Feind zur Wehr setzt.

Vielleicht, weil er darin einen Spiegel seiner selbst erkannt hat. Zum Ende der DDR und dem Untergang der Sowjetunion stellte er fest: Was auch in der Welt passiert … die Koreaner bleiben standhaft und ergeben sich nie. Ebenso wie sich auch Jürgen Rogalla nie ergeben hat.

Jürgen Rogalla starb im Alter von 90 Jahren in seiner Geburtsstadt Rostock. Mit ihm geht ein kämpferischer Genosse und glühender Idealist, der in seinem Wirken und in seiner Haltung Vorbild für jetzige und kommende Generationen ist.

Wir verneigen unser Haupt und wünschen unserem lieben Genossen Jürgen Rogalla eine gute Reise.


Heinz Günther, ebenfalls ehemaliger Mitarbeiter der HVA, der zusammen mit Jürgen Rogalla promovierte, hat dem standhaften Kämpfer bereits zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt:

Sein Buch „Überzeugung ist nicht käuflich: Das Leben des Aufklärers Jürgen Rogalla“ ist erschienen in der edition Ost im Verlag am Park.


One response to “Zum Tod von Oberst Jürgen Rogalla

  • dersaisonkoch

    Hat dies auf Der Saisonkoch rebloggt und kommentierte:
    Traueranzeige zu einem uns sehr lieben Genossen. Der Saisonkoch durfte für ihn mehrmals kochen. Wobei zu betonen ist, die Genossen kamen sich am Buffet und am Tisch nicht vor wie Gott und abgehobene Kreaturen. Wir schulden diesen Genossen und ihren Familien, sehr viel Dankbarkeit.

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