Kriegsgefahr in Moldawien

Von Eduard Popov

Aus dem Englischen von Felix A.

Englische Version: http://www.fort-russ.com/2017/09/moldova-is-on-brink-of-war.html

Die Konfrontation zwischen verschiedenen Fraktionen des moldauischen Staates verstärkt sich immer mehr. In November 2016 wurde der Geschäftsmann und Kandidat der sozialistischen Partei Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau in direkten Präsidentschaftswahlen gewählt. Davor wurde der Präsident nur vom Parlament gewählt. Dodons Wahl verdeutlichte das Ausmaß, in dem die Öffentlichkeit ihn unterstützt, und die Abhängigkeit des Parlaments hat sich verringert, wobei die Mehrheit der Abgeordneten Befürworter der Eingliederung der Republik Moldau in den benachbarten rumänischen Staat (EU- und NATO-Mitglied) sind.

Die führenden Positionen im Parlament gehören derzeit der Demokratischen Partei an, die der Hauptgegner der Annäherung an Russland ist. Dodon wird auch von der Regierung entgegengesetzt, die von den reichsten Oligarchen in Moldawien und Führer der Demokratischen Partei, Vladimir Plahotniuc, kontrolliert wird.

Aber die gefährlichste Kraft von allen ist das, was hinter diesen Anti-Dodon- (und Anti-Russland-) Kräften lauert. Diese Kraft sind natürlich die Vereinigten Staaten von Amerika.

Igor Dodon stellt einige Qualitäten dar, die für pro-westliche Kräfte äußerst unerwünscht sind. Er ist für die Entwicklung von gutnachbarlichen Beziehungen mit Russland (der Slogan, der ihn an die Macht brachte); er ist gegen die Annexion der Republik Moldau durch Rumänien; und Dodon ist dagegen, dass die Republik Moldau von der NATO übernommen wird. So steht Dodon unter der Minderheit der moldauischen Politiker, aber unter der Mehrheit der Moldauer, als Befürworter der Souveränität Moldawiens.

Dodon hat es sogar geschafft, etwas bereits zu erledigen. Zum Beispiel hat er den ehemaligen rumänischen Präsidenten Traian Basescu die moldauische Staatsbürgerschaft aberkannt.  Basescu ist einer der radikalsten Anhänger der Annexion, jemand der sich in die Angelegenheiten der Republik Moldau stark eingemischt hat. Dodon ist auch für die Lösung des transnistrischen Problems ohne einen militärischen Eingriff.
Die pridnestrowische Republik Moldau oder Transnistrien entstand als Reaktion auf die Absicht Rumäniens, diese Region zu annektieren; ein Vorhaben, das aus Russen, Gagauz, Bulgaren und Moldawen selber Bürger zweiter Klasse in einem „Groß-Rumänien“ machen würde. Das linke Ufer des Dniesters erinnert sich perfekt an die Bedingungen, die herrschten, als es Teil des Königreichs Rumänien war. Darüber hinaus wurde die Ablehnung der russischen und gagauzischen Bevölkerung, als machtlose Minderheiten zu stehen, von vielen Moldauern geteilt. So gewann die pridnestrowische Republik Moldau im Laufe eines kurzen Bürgerkrieges ihre Unabhängigkeit, und der Frieden in der Region war nach dem Friedensabkommen von 1992 zwischen Moldawien und Russland von den in Transnistrien stationierten russischen Friedenstruppen garantiert.

Als Patriot der Republik Moldau steht Dodon für die Wiederintegration von Transnistrien in die Republik Moldau, aber mit friedlichen Mitteln. Am 12. September äußerte er einen Drei-Punkte-Plan für eine friedliche Wiedereingliederung und lehnte Pläne für die Annektierung der Republik Moldau durch Rumänien ab.

Die Kriegsspiele in der Nähe der transnistrischen Grenze mit der Ukraine durch Rumänien, die Ukraine und die NATO-Länder im vergangenen Jahr sowie die Blockade des Land- und Luftraums der nicht anerkannten Republik von Moldawien im Tandem mit der Ukraine und mit Rumäniens Unterstützung erlauben uns zu vermuten, dass Dodons Friedensplan den Absichten der Unionisten widerspricht. Annexionsbefürworter würden lieber das Territorium von Transnistrien aufgeben, als es in die Republik Moldau zu integrieren.

Zu dem Konflikt zwischen verschiedenen Fraktionen der Regierung wurde vor kurzem auch das Militär einbezogen, was die Situation noch gefährlicher macht.

Am Abend des 6. September verabschiedete die moldauische Regierung eine Entschließung zur Teilnahme der moldauischen Truppen in den internationalen Rapid Trident Kriegsspielen in der Ukraine, die vom 8. September bis zum 23. September in den Ausbildungspolygonen der Lemberger Region stattfand. Präsident Dodon hat das Dekret der Regierung ausgesetzt, aber das Militär hat sich nicht gebeugt. Moldawische Kräfte wurden also zu den NATO-Übungen in der benachbarten Ukraine geschickt. Dodon forderte, dass Premierminister Pavel Filip die Führung des Verteidigungsministeriums feuern sollte. Der Präsident beauftragte auch, dass eine interne Untersuchung stattfindet, um festzustellen, wer genau das Präsidialdekret verletzt hat und ihrerseits bestraft wird.

Moldawiens Sprecher des Parlaments, Andrian Candu, reagierte auf die Erklärung des Präsidenten mit unverhülltem Sarkasmus: „Das Militär sollte an Aktivitäten teilnehmen, die es ihnen ermöglichen, Erfahrungen zu sammeln. Welche Art von Oberbefehlshaber sind Sie, wenn Sie sich nicht um die Armee kümmern?“ Das moldauische Militär widersetzt sich tatsächlich den Befehlen des Präsidenten, der nach der moldauischen Verfassung der oberste Befehlshaber ist.

Unter diesen Umständen sind Dodons Vorrechte in der Außenpolitik auf ein bloßes Minimum beschränkt, und das in einer demütigenden Weise. In einer illustrativen Show des Trotzes gegen Dodon und Russland wurde von rumänischen Behörden der Luftkorridor für ein Zivilflugzeug geschlossen, in dem der russische Vize-Premierminister Rogozin an Bord war.  Rogozin war nach Chisinau für Gespräche mit Dodon unterwegs.

Unserer Meinung nach wächst die Bedrohung eines militärischen Konflikts auf dem linken Ufer des Dnjestres im Einklang mit der Bedrohung durch einen Staatsstreich in Chisinau. Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass die Situation dasselbe Ergebnis wie das ukrainische Szenario haben wird. Während des Euro-Maidans war Kiew überwältigt und der Anti-Maidan zu schwach, aber in Chisinau sind Tausende von Menschen bereit, auf die Straße zur Unterstützung der moldauischen Unabhängigkeit hinauszugehen, und sie sind bereit für Straßenkämpfe. Und außerdem scheint Dodon stärkere Nerven zu haben als der ehemalige ukrainische Präsident Janukowitsch.

Wahrscheinlich ist die Situation in der Tat ein Versuch, Dodon von der Macht zu entfernen, einfach nur mit legalen Tricks mit der offenen Unterstützung westlicher Länder und Nichtregierungsorganisationen. Seine Befehle werden auch weiterhin ignoriert. Aber wir können auch nicht radikalere Szenarien ausschließen, einschließlich eines gewaltsamen Sturzes von Dodon und sogar politische Ermordung. Die jüngste europäische Geschichte hat keine Attentate gegen Staatsoberhäupter gesehen, und wir können nur hoffen, dass es nicht dazu kommen wird. Zur gleichen Zeit jedoch ist Janukowitschs Flucht (in dem der russische Präsident Wladimir Putin gezwungen war, buchstäblich das Leben seines ukrainischen Kollegen zu retten), ein Beispiel dafür, dass die pro-amerikanischen Streitkräfte nicht davon zurückschrecken werden, auch ein Staatsoberhaupt zu ermorden, um ihre Ziele zu erreichen.

Dodons Entfernung (oder Beseitigung) würde ein Fenster der Gelegenheit für die NATO und die USA öffnen. Ohne die Meinung des moldauischen Volkes zu fragen (die Mehrheit der moldauischen Bürger begünstigt einen nicht ausgerichteten Status für ihr Land) würde die Republik Moldau wie Montenegro in die NATO eingegliedert. Dann würde die Republik Moldau von Rumänien annektiert werden, und die rumänischen Faschisten würden unweigerlich versuchen, die Kontrolle über die pridnestrowische Republik Moldau mit der aktiven Hilfe der ukrainischen Neonazis wiederherzustellen.

Während Transnistrien an sich wichtig ist, ist es für diese Kräfte wichtiger, Rußland aus dem Dnjester rauszuhalten und es in einen neuen Krieg zu ziehen.


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